Die evangelische Kapelle in Heiligendamm
Die Geschichte der evangelischen Kapelle in Heiligendamm begann als der Herzog Friedrich Franz I. und der Arzt Prof. Samuel Gottlieb Vogel aus Rostock 1793 beschlossen, die jährliche Badesaison regelmäßig am Heiligen Damm zu eröffnen. Für alles war durch entsprechende Baulichkeiten gesorgt, aber wohnen und zur Kirche gehen musste man noch weiterhin in Doberan.
Logierhäuser wurden erst später in Heiligendamm errichtet. Friedrich Franz, seit 1815 Großherzog, richtete auch ein Hospiz (Gästehaus = anderswo Armenkrankenhaus) ein: Eine Stiftung zum Wohle bedürftiger Landeskinder, die dort kostenfreie Seebadekuren genießen durften.
Später musste das Seebad aus Kostengründen verkauft werden: 1873 an Baron von Kahlden und 1911 an eine schweizerische GmbH, welche allerdings 1938 nach der Reichsprogromnacht enteignet wurde, da sie eine jüdische Familie als Haupteigner hatte.
Schon 1888 beschwerten sich die evangelischen Badegäste, dass es für Sie keine Kirche in Heiligendamm gab. Der Weg zu den eigenen Kirchen war aber noch mit vielen Hindernissen gepflastert. Beide Bauwerke in Heiligendamm gehen auf die Initiative von Sommergästen zurück, die in konfessionell getrennten Vereinen die notwendigen Spendengelder aufbrachten.
Zeitweise fuhr alle 14 Tage auf Anordnung des Großherzogs ein kostenloser Sonderzug mit den Kirchgängern nach Bad Doberan. Am 14. Juli 1893 stiftete der Großherzog Friedrich Franz III. aus Gelbensande 10000 Goldmark für den Bau einer evangelischen Kapelle und stellte einen Bauplatz am Waldrand zur Verfügung; zur Erinnerung an die Gründung des ersten deutschen Seebades 100 Jahre zuvor, stiftete er einen Platz an der Südseite des Waldes von Heiligendamm, den Spielplatz seiner Kindheit. 1902 stellte der Großherzog den Rest der Bausumme zur Verfügung. Als Architekt für den Bauplan wurde der Geheime Baurat Gotthilf Ludwig Möckel beauftragt.
Die evangelisch Kapelle wurde am 31. Juli 1904 feierlich geweiht. Sie besteht aus einem dreijochigen Langhaus und einem polygonalen Altarraum. Der rippengewölbte Raum hat trotz der geringen Größe von 140 m2 eine beeindruckende Wirkung auf den Betrachter. An der Südseite der Kapelle ist asymmetrisch ein quadratischer Turm angebaut. Ganz nach Vorbild mecklenburgischer Dorfkirchen ist der rote Backsteinbau mit Putzblenden, Formsteinen und Glasurziegeln geschmückt.
Leider ging die Geschichte nicht gut mit der kleinen Waldkapelle um: In den Kriegsjahren 1939–45 war Heiligendamm Lazarett. Anfang August 1943 fand der letzte Gottesdienst in Heiligendamm statt. Dabei verfinsterte sich der Himmel über der Kirche so sehr, dass die Gottesdienstbesucher nicht mehr im Gesangbuch lesen konnten. Die Rauchschwaden des brennenden Hamburg hatten den Himmel über Heiligendamm erreicht. Dabei warf ein englischer Bomber, wahrscheinlich als Notabwurf, zahlreiche Bomben im Wald um die Kapelle ab, so dass das ganze Waldgelände um die Kirche voller Blindgänger lag und diese nicht mehr besucht werden konnte.
Erst am 5. August 1951 wurde die völlig ausgeraubte Kirche wieder zum Gottesdienst geweiht.
Zur Tradition und Substanz des Ostseebades Heiligendamm gehören die Waldkapellen dazu und bezeugen noch heute die Noblesse früherer Gästegenerationen.
Eine seit Jahren immer wieder geplante Generalsanierung der Kapelle konnte im Jahr 2005 mit der Entfernung der Glastrennwand und dem Treppenumbau sowie Elektroarbeiten beginnen. Nach Trockenlegungsarbeiten und dem Entfernen von schadhaftem Putz im Jahr 2008 sind für 2012 weitere Bau- und Restaurierungsmaßnahmen vorgesehen.